Jena
Das Außenlager am Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) in Jena wurde Anfang Oktober 1944 eingerichtet. Bis zu 942 überwiegend osteuropäische Häftlinge wurden zur Reparatur beschädigter Eisenbahnwaggons sowie zur Blindgängerbeseitigung und zu Räumarbeiten gezwungen. Vor Ort kam es zu mehreren Hinrichtungen und weiteren Todesfällen. Anfang April 1945 wurden die Häftlinge per Zug nach Colditz gebracht und von dort auf einen Todesmarsch getrieben.
Historische Situation
Bezeichnung
keine Informationen
Standort
Das Lager war dem RAW in der Löbstedter Straße zugeordnet.
Unternehmen
Reichsbahnausbesserungswerk (RAW), Stadtverwaltung Jena
Zwangsarbeit
Die Häftlinge wurden in 12-Stunden-Schichten zur Reparatur beschädigter Eisenbahnwaggons eingesetzt. Weitere mussten im Auftrag der Stadtverwaltung Jena Aufräumarbeiten nach Bombenangriffen und Blindgängerentschärfungen durchführen.
Gegründet
4. Oktober 1944
Aufgelöst
11. April 1945
Möglicherweise wurden schon im Sommer 1944 Häftlinge aus Buchenwald in Jena für Aufräumarbeiten und zur Blindgängerbeseitigung eingesetzt. Das Außenlager beim RAW wurde am 4. Oktober 1944 eingerichtet.
Häftlinge
Männerlager
Maximale Anzahl der Häftlinge
942
Das Lager wurde mit 550 Häftlingen eingerichtet, im November kamen weitere 300 hinzu. Mit 942 Häftlingen wurde Ende Januar 1945 die Höchstbelegung erreicht. Die meisten Häftlinge stammten aus Osteuropa, weitere aus Frankreich, Belgien und Italien, die sogenannten „Funktionshäftlinge“ aus Deutschland. Zwei oder drei russische Soldaten wurden nach einem Fluchtversuch hingerichtet. Kurz vor der Räumung des Lagers vergifteten sich mehrere Häftlinge unter ungeklärten Umständen mit Methylalkohol, wodurch es zu mehreren Todesfällen kam. Im April 1945 wurden die Häftlinge per Zug in das Außenlager Colditz gebracht. Knapp 40 Häftlingen gelang während des Transports die Flucht, 15 Häftlinge starben unterwegs. Von Colditz aus wurden die Männer zu Fuß Richtung Tschechien getrieben. Die Überlebenden erreichten Litomerice am 24. April 1945.
Unterbringung
Die Unterbringung erfolgte in vier bis fünf Baracken mit Umzäunung und Wachtürmen in der Nähe des Betriebsgeländes des RAW.
„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“
Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.
Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.
Heutige Situation
Auf dem ehemaligen Gelände befindet sich heute ein Baumarkt. 2014 wurde an der Löbstedter Straße 56 eine Gedenkstele mit Informationstafel eingerichtet.
Kontakt zum Förderverein Buchenwald
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Literatur
Braun, Matthias: Jena (Reichsbahnausbesserungswerk), in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 467ff.
Braun, Matthias: Jena (Bombenräumkommando), in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 467.
Döbert, Frank: Das Jenaer Außenlager des KZ Buchenwald, in: Gerbergasse 18, Bd. 15 (2010), S. 14-22.
Andere Quellen
Ein Zeitungsartikel in der Ostthüringer Zeitung berichtet über das Leben verfolgter Personen in Jena während des Nationalsozialismus, auch über das Außenlager:
Döbert, Frank: „Jena: Letzte Station vor der Vernichtung“, OTZ vom 3. Juli 2010.