Schönebeck („Julius“)
Im Auftrag der Junkers-Werke richtete die SS im März 1943 unter dem Decknamen „Julius“ ein Außenlager in Schönebeck ein. Die bis zu 1.800 Häftlinge mussten in 12-Stunden-Schichten in der Flugzeugproduktion arbeiten. Es gab mindestens 17 Todesfälle durch Hunger, Kälte und Krankheiten. Im April 1945 trieb die SS über 1.500 verbliebene Häftlinge auf einen dreiwöchigen Todesmarsch, an dessen Ende etwa 300 Überlebende von US-Truppen befreit wurden. Der Verbleib der übrigen Häftlinge ist unbekannt. Seit 1968 befindet sich vor Ort ein Mahnmal zur Erinnerung an das Außenlager.
Historische Situation
Bezeichnung
Außenlager Schönebeck, Deckname „Julius“
Standort
Das Junkerswerk befand sich nahe des Elbdammes an der Barbyer Straße. Das Lager wurde an der Ostseite des Betriebsgeländes errichtet.
Unternehmen
Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG
Zwangsarbeit
Die Häftlinge mussten in zwölfstündigen Tag- und Nachtschichten in der Flugzeugproduktion arbeiten.
Gegründet
19. März 1943
Aufgelöst
11. April 1945
Häftlinge
Männerlager
Maximale Anzahl der Häftlinge
1.800
Die Anzahl der Häftlinge stieg von zunächst etwa 100 auf phasenweise bis zu 1.800 an. Es handelte sich um 600 Sowjetbürger, 500 Franzosen, 300 Polen, 150 Holländer, 100 Tschechen und Slowaken sowie wenige Deutsche, Spanier, Belgier, Jugoslawen und von der SS als Juden registrierte Häftlinge. Über die gesamte Zeit hinweg durchliefen etwa 5.000 Männer das Außenlager. Neben den KZ-Häftlingen arbeitete 1.200 deutsche Zivilarbeiter und etwa 1.500 weibliche und männliche Zwangsarbeiter:innen im Werk, die in benachbarten Arbeitslagern untergebracht waren. Unter den Häftlingen galt das Außenlager als vergleichsweise weniger hartes Kommando, dennoch gab es mindestens 17 Todesfälle durch Hunger, Kälte und Krankheiten.
Im April 1945 befanden sich noch 1.563 Häftlinge im Lager. Sie wurden, gemeinsam mit 163 Häftlingen aus dem Außenlager Leopoldshall, von der SS auf einen Todesmarsch getrieben. Der Marsch dauerte 22 Tage und führte bis in die Gegend von Parchim und Sülstorf. Dort wurden etwa 300 Überlebende von amerikanischen Truppen befreit. Der Verbleib der übrigen Häftlinge, die Zahl der Geflohenen, Verstorbenen und Ermordeten ist unbekannt.
Unterbringung
Die Häftlinge wurden in sieben Baracken untergebracht, die mit einem Stacheldrahtzaun und vier Wachtürmen vom übrigen Gelände abgegrenzt wurden.
„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“
![52.01694176 11.7637825 ONO Zackmünder Straße, Schönebeck (Elbe) 11/2012 © Herbert Naumann 52.01694176 11.7637825 ONO Zackmünder Straße, Schönebeck (Elbe) 11/2012 © Herbert Naumann](assets/images/0/Schoenebeck_img568_1-131e9d8f.jpg)
Zackmünder Straße, Schönebeck (Elbe)
11/2012 © Herbert Naumann
Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.
Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.
Heutige Situation
Zwei ehemalige Baracken wurden nach Kriegsende umgebaut und werden heute als Wohnhäuser genutzt. Die übrigen Gebäude wurden zwischenzeitlich als Lager für das VEB Traktoren- und Dieselmotorenwerk Schönebeck (TDS) genutzt und in den 1990er Jahren abgerissen. Seit 1968 befindet sich vor Ort ein Mahnmal zur Erinnerung an das Außenlager. Bereits 1951 wurde im Stadtzentrum Schönebecks ein Gedenkpark eingerichtet.
Kontakt vor Ort
Stadtarchiv Schönebeck Prager Straße 71 39218 Schönebeck / Elbe
Telefon: 03928 846024
Kontakt zum Förderverein Buchenwald
Für Fragen, Hinweise oder Ergänzungen wenden Sie sich bitte an:
Förderverein Buchenwald
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Markt 10, 99423 Weimar
03643 747540
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Literatur
Lewy, Herwig: Schönebeck I („Julius“), in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 568-571.
Lohoff, Wilhelm: Das Nebenlager „Julius“ des Konzentrationslagers Buchenwald im Junkerswerk Schönebeck, Betriebsgeschichtskommission TDS 1982.
Lorin, Marcel: Schönebeck - un Kommando de Buchenwald. Du sabotage des avions nazis à l'épouvante d'une marche de la mort, Clermont-Ferrand 2000.
Andere Quellen
Die 1992 entdeckten Ölzeichnungen des Häftlings Józef Szajna sind in der Gedenkstätte Buchenwald erhalten.