Dessau

Das Außenkommando „Dessauer Waggonfabrik“ wurde im Oktober 1944 mit bis zu 350 Häftlingen eingerichtet. Sie mussten bei Waggonreparaturen sowie der Tarnung von Kesselwaggons arbeiten. Mindestens sechs Häftlinge kamen ums Leben, vier von ihnen wurden im April 1945 von SS-Männern erschossen.

Historische Situation

Bezeichnung

Außenkommando „Dessauer Waggonfabrik“, in den Quellen auch Außenlager „Junkerswerke Dessau“ bzw. „Ju-Dessau“.

Standort

Das Lager befand sich in der Dessauer Waggonfabrik in der Albrechtstraße 48.

Unternehmen

Dessauer Waggonfabrik AG

Zwangsarbeit

Waggonreparaturen, Tarnung von Kesselwaggons

Gegründet

27. Oktober 1944

Aufgelöst

21. April 1945

Schon seit 1942 gab es auf dem Werksgelände ein Lager für sogenannte „Ostarbeiter“, ab spätestens Sommer 1944 zudem eine Unterkunft für Kriegsgefangene. Ab dem 27. Oktober 1944 wurden auch KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit eingesetzt.

Häftlinge

Männerlager

Maximale Anzahl der Häftlinge

350

Das Außenlager wurde am 27. Oktober 1944 mit 50 Häftlingen eröffnet, später stieg die Zahl auf 335 bis 350 Häftlinge, zum Zeitpunkt der Befreiung waren es 338. Es handelte sich um Russen, Ukrainer, Belarussen, Polen, Italiener, Franzosen, Belgier, Tschechen, Slowaken, Litauer, Letten, Esten, Ungarn, Griechen, Niederländer und Deutsche. Sie waren von der SS überwiegend als politische Häftlinge registriert worden. Einige waren auch in die SS-Kategorien „Berufsverbrecher“, „Arbeitsscheue“ und „Homosexuelle“ eingeteilt. Unter den Gefangenen waren mehrere Juden. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren nach Berichten ehemaliger Häftlinge vergleichsweise gut. Dennoch kamen mindestens sechs Häftlinge in Dessau ums Leben, möglicherweise auch mehr. Noch am 20. April 1945, dem Tag vor der Auflösung des Lagers, wurden vier weitere Häftlinge von SS-Männern erschossen.

Unterbringung

Die Häftlinge waren in Nebenräumen bzw. Baracken am Arbeitsort untergebracht, der „Großen Halle“, einer 1921 errichteten zweischiffigen Montagehalle.

„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“

51.85091352 12.24264264 W Zur Großen Halle, Dessau-Rosslau 11/2012 © Herbert Naumann
51.85091352 12.24264264 W
Zur Großen Halle, Dessau-Rosslau
11/2012 © Herbert Naumann

Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.

Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.

Heutige Situation

Der Arbeits- und Unterbringungsort „Große Halle“ ist noch vorhanden. Auf dem ehemaligen Gelände der Waggonfabrik befindet sich seit 2013 eine Gedenktafel aus Edelstahl, deren Fundament aus Bahnschwellen besteht. Der Text lautet: „An diesem Ort, der ehemaligen Dessau Waggonfabrik, bestand vom 27. Oktober 1944 bis zu 21. April 1945 ein Außenlager des KZ Buchenwald. Bis zu 350 Häftlinge mussten hier unter SS-Bewachung leben und für das verbrecherische NS-Regime arbeiten. Vier Häftlinge wurden am 20. April 1945 von SS-Männern erschossen. Ihnen und allen Insassen des KZ-Außenlagers zum Gedenken.“

Kontakt vor Ort

Stadt Dessau-Roßlau, Stadtarchiv Heidestraße 21 06842 Dessau-Roßlau

Internet: www.stadtarchiv.dessau-rosslau.de

Dokumente

Die Gedenkstätte in Dessau.
Die Gedenkstätte in Dessau.
Die Gedenkstätte in Dessau.
Die Gedenkstätte in Dessau.

Kontakt zum Förderverein Buchenwald

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Förderverein Buchenwald
c/o Tourist-Information
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Literatur

Brückner, Franz: Die Vorgeschichte des VEB Waggonbau Dessau von 1895 bis 1945, Berlin 1962, S. 72-80.

Cazenave, Benoit: Eine Arbeit größeren Stils. Geschichte des Buchenwald-Außenkommandos Dessauer Waggonfabrik, in: Dessauer Kalender 50 (2006), hrsg. vom Stadtarchiv der Stadt Dessau, S. 168-173.

Cazenave, Benoit: Dessau, in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 410ff.

Schneider, Manfred: Waggonbau Dessau, in: Stadt Dessau, Stadtarchiv (Hrsg.): Vor 50 Jahren. Der Neuanfang der Dessauer Industrie im Jahre 1945. Ergebnisse des industriegeschichtlichen Kolloquiums am 22. April 1995 im Stadtarchiv Dessau, Dessau 1995, S. 43-53.