Halle/Saale
Bei den Siebel-Flugzeugwerken (SFW) in Halle wurde im August 1944 ein Außenlager des KZ Buchenwald mit bis zu 1.026 Häftlingen eingerichtet. Später erfolgte der Umzug in das einige Kilometer entfernte Lager Birkhahn-Mötzlich. Mindestens fünf Häftlinge starben. Im März 1945 wurde das Lager aufgelöst. Seit 2009 erinnert eine Skulptur in Halle an das Geschehene.
Historische Situation
Bezeichnung
„SS-Außenkommando des Konzentrationslagers Weimar-Buchenwald, Siebel Flugzeugwerke (SFW) Halle / Saale“, später „Lager Birkhahn ü. Mötzlich“ bzw. „KZ Birkhahn-Mötzlich“.
Standort
Das Lager lag am nordöstlichen Stadtrand von Halle, Mötzlicher Flur am Goldberg. Die offizielle Adresse lautete Siebel-Flugzeugwerke GmbH, Boelckestraße 70 (heute Dessauer Straße).
Unternehmen
Hauptauftraggeber waren die Siebel-Flugzeugwerke GmbH. Hinzu kamen mehrere weitere Einsatzorte, unter anderem die V. SS-Baubrigade, die Sonderinspektion Halle, die Bauleitung K VI (Architekt W. Fricke) und andere.
Zwangsarbeit
Die Häftlinge mussten in zwölfstündigen Tag- und Nachtschichten bei den Siebel-Werken arbeiten. Zudem wurden sie für verschiedene Bauarbeiten im Stadtgebiet von Halle herangezogen.
Gegründet
1. August 1944
Aufgelöst
10. März 1945
Häftlinge
Männerlager
Maximale Anzahl der Häftlinge
1.026
Das Außenlager wurde am 1. August 1944 mit 525 männlichen Häftlingen eingerichtet. Anfang September 1944 erreichte das Lager seine höchste Belegung, die maximale Anzahl waren 1.026 Häftlinge. Danach ging die Belegungszahl wieder zurück. Am 28. Februar 1945 befanden sich noch 528 Männer vor Ort. Die Häftlinge kamen aus Belgien, dem Deutschen Reich, Frankreich, Italien, Jugoslawien, den Niederlanden, Polen, der Sowjetunion, der Tschechoslowakei und Türkei sowie um Staatenlose. Sie waren von der SS unter anderem in die Kategorien „politische Gefangene“ und „Berufsverbrecher“ einsortiert worden. Auch „zivile“ Arbeiter wurden eingesetzt.
Die Bedingungen waren nach Berichten ehemaliger Häftlinge im Vergleich zu anderen Konzentrationslagern „einigermaßen erträglich“. Zwei Hinrichtungen von Häftlingen in Folge von Fluchtversuchen sind nachweislich dokumentiert. Nach den Erinnerungen eines ehemaligen Häftlings „war außer Misshandlungen von Häftlingen nichts weiter geschehen.“ Insgesamt kamen mindestens fünf Häftlinge ums Leben. Am 10. März 1945 wurden 179 verbliebene Häftlinge nach Buchenwald in Marsch gesetzt.
Unterbringung
Die ersten zwei Wochen verbrachten die Häftlinge nach eigenen Schilderungen in einer Betriebshalle auf dem Gelände der Siebel-Flugzeugwerke. Zwar gab es Betten, doch waren die Fenster zugemauert und es gab keine Ventilation. Anschließend wurden die Häftlinge, in Folge heftiger Luftangriffe auf das Gelände der Siebel-Flugzeugwerke, in den dortigen Luftschutzraum umgesiedelt und mussten auf dem strohbedeckten Boden schlafen. Danach folgte der Umzug in das eigentliche KZ Birkhahn-Mötzlich, dass drei bis vier Kilometer von der Fabrik entfernt lag. In den dortigen mit Betten bestückten Baracken waren jeweils mehr als 100 Häftlinge untergebracht.
Dokumente
„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“
Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.
Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.
Heutige Situation
Das Gelände des ehemaligen Außenlagers wurde nach Kriegsende abgebaut. Eine Skulptur des Halleschen Bildhauers Bernd Kleffel mit der Aufschrift „Den Opfern des KZ-Außenlagers Buchenwald Halle-Mötzlich August 1944-März 1945“ steht an der Endschleife der Straßenbahnlinie 1 in der Frohen Zukunft. Das Denkmal wurde im April 2009 von Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados und dem Historiker Albert Osterloh offiziell enthüllt.
Kontakt vor Ort
Stadt Halle/Saale, Stadtarchiv Rathausstraße 1 06108 Halle/Saale
Telefon: 0345 2213300 Internet: www.halle.de
Initiative Audiowalk KZ-Außenlager Halle
E-Mail: kontakt@audiowalk-kz-halle.de Internet: www.audiowalk-kz-halle.de
Dokumente
Kontakt zum Förderverein Buchenwald
Für Fragen, Hinweise oder Ergänzungen wenden Sie sich bitte an:
Förderverein Buchenwald
c/o Tourist-Information
Markt 10, 99423 Weimar
03643 747540
info@foerderverein-buchenwald.de
oder nutzen Sie unser Kontaktformular.
Literatur
Biedermann, Charles-Claude: Halle, in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 457f.
Grashoff, Udo (Hrsg.): „Das vergessene Lager“. EDITION-Zeit-Geschichte(n), Band 3, Halle 2010.
Andere Quellen
Weitere Unterlagen finden sich in der Archivdatenbank des Stadtarchivs, siehe „Kontakt“.