Kassel-Druseltal

In Kassel-Druseltal wurde im Juli 1943 ein Außenlager mit durchschnittlich etwa 150 Häftlingen aus zahlreichen europäischen Ländern eingerichtet. Sie mussten Bauarbeiten für den Höheren SS- und Polizeiführer, Josias Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont, durchführen. Mindestens ein Häftling kam vor Ort ums Leben, zudem wird von Misshandlungen durch SS-Männer mit schweren Verletzungsfolgen berichtet. Ende März 1945 erfolgte die Rückführung der Häftlinge ins KZ Buchenwald.

Historische Situation

Bezeichnung

„Männeraußenlager Bauleitung der Waffen-SS und Polizei, Kassel“

Standort

Das Lager lag außerhalb der Stadt Kassel an der Straße nach Habichtswald-Ehlen. Für Arbeitsaufträge wurden die Häftlinge häufig auch innerhalb der Stadtgrenzen eingesetzt.

Unternehmen

Die Häftlinge führten Bauarbeiten für den Höheren SS- und Polizeiführer, Josias Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont, durch. Waldeck war häufig in den Baubaracken persönlich anwesend. In Kassel waren durch die Luftangriffe auch die Gebäude der Geheimen Staatspolizeistelle Kassel in der Wilhelmshöher Allee zerstört worden, insofern bestand aus der Sicht Waldecks erhöhter Bedarf an kurzfristig herstellbaren Unterkünften, d.h. an Baracken. Mit dem Arbeitskommando schuf er die Voraussetzungen einer eigenen, von der Bauleitung des KZ Buchenwald unabhängigen Bauleitung in Kassel, die im Januar 1944 eingerichtet wurde.

Zwangsarbeit

Die Häftlinge wurden für Bauarbeiten eingesetzt, insbesondere zwei Baracken für die SS-Verwaltung am Panoramaweg, Garagen und Räume für die SS-Bauleitung an der Straße Unter den Eichen sowie Erdarbeiten für den Bau von Stollen.

Gegründet

24. Juli 1943

Aufgelöst

29. März 1945

Häftlinge

Männerlager

Maximale Anzahl der Häftlinge

188

Im Lager befanden sich zu gleicher Zeit jeweils zwischen 122 und 148 (Oktober 1943 bis Mitte Juli 1944), zwischen 162 und 188 (Mitte Juli bis Januar 1945) und Ende März 1945 bei der Auflösung des Lagers 139 Häftlinge. Insgesamt waren 288 Häftlinge registriert. Etwa ein Drittel von ihnen waren Polen, ein weiteres Drittel Russen bzw. Sowjetbürger, 39 Deutsche, 26 Tschechen, 13 Franzosen, sechs Italiener, sechs Belgier und vier Holländer. Die meisten waren von der SS in die Häftlingskategorie „politisch“ einsortiert worden, einige in die Kategorien „Bibelforscher“ und „Asoziale“. Es handelte sich um Zimmerleute, Elektriker, Installateure, Maurer, Dachdecker und andere für Bauvorhaben erforderliche Facharbeiter. Zwei polnische Architekten (Kasimir Ciszewski und Severin Samulski), zwei tschechische Bauingenieure (Vaclav Jilek und Josef Pytlik) ein holländischer Archivar (Apolonius Hess) und ein holländischer Schreiber (Alfred F. Groeneveld) waren die Fachkräfte in der Bauleitung.
Das Arbeitskommando Kassel galt auf Grund der polizeilichen Bewachung und der eher handwerklichen Bauarbeiten unter den Häftlingen als vergleichsweise erträgliches Lager. Mindestens ein Häftling kam vor Ort ums Leben. In mehreren Berichten ehemaliger Häftlinge des Lagers findet sich die Darstellung einer Misshandlung mit schweren Verletzungsfolgen, die der aus Wien stammende Mitgefangene Franz Nemeth von Seiten der SS erfuhr. Über sein weiteres Schicksal nach Ende des Krieges ließ sich nichts ermitteln. Sieben (möglicherweise auch fünf oder sechs weiteren) Häftlingen gelang im Oktober 1944 (oder auch noch später) die Flucht aus dem Lager.
Das Lager wurde am 29. März 1945, wenige Tage vor dem Eintreffen der amerikanischen Truppen in Kassel, aufgelöst. Die 139 Häftlinge sollten „wegen Feindnähe nach Buchenwald zurück genommen“ werden, auf diesem Transport gelang weiteren Gefangenen die Flucht.

Unterbringung

Die Häftlinge waren in einem von der SS angemieteten privaten Wohngebäude untergebracht, das zuvor als Kriegsgefangenenlager gedient hatte und daher bereits mit Stacheldraht und Gittern versehen war.

Heutige Situation

Gerichtliche Verfahren gegen die SS-Wachmannschaften nach 1945 konnten nicht ermittelt werden. Die von den Häftlingen errichteten Gebäude, die die SS-Bauleitung nutzte, werden aktuell renoviert. Die Anbringung einer Gedenktafel wurde vom Ortbeirat beschlossen, jedoch noch nicht umgesetzt. Der Gedenktext wird lauten: „Zur Erinnerung an die Zwangsarbeit der Gefangenen des Außenlagers Kassel Druseltal des Konzentrationslagers Buchenwald, die vom Juli 1943 bis zum April 1945 Bauarbeiten für die SS in Kassel leisten mussten. Die Mehrzahl der 284 Häftlinge, die von 1943 bis 1945 im Druseltal inhaftiert waren, kamen aus Polen und Russland. Auch Tschechen, Niederländer, Belgier, Franzosen, Italiener und Deutsche waren darunter – viele von ihnen waren politische Gefangene. Die beiden Gebäude oben am Panoramaweg, auf die der Blick fällt, wurden von den Gefangenen als Befehlsstellen für den höheren SS- und Polizeiführer Josias Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont errichtet. Drei inzwischen abgerissene Baracken bauten die Gefangenen ‚An den Eichen‘ unterhalb des Freibades Wilhelmhöhe.“

Kontakt zum Förderverein Buchenwald

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Literatur

Groeneveld, Alfred F.: Im Außenkommando Kassel des KZ Buchenwald (Nationalsozialismus in Nordhessen – Schriften zur regionalen Zeitgeschichte, Band 13), Kassel 1991.

Krause-Vilmar, Dietfrid: Kassel-Druseltal, in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 469ff.

Andere Quellen

Zahlreiche „Transportlisten“ von und nach Buchenwald sind im Archiv des International Tracing Service (ITS) in Bad Arolsen erhalten, ebenso zahlreiche Aktenstücke, z. B. der „Bericht über örtliche Besichtigung der Unterkunft und Arbeitsstellen in Kassel“ eines SS-Obersturmführers als Arbeitseinsatzführer vom Juli 1943 sowie die Verfolgung eines „Bibelforschers“ (Signaturen: Buchenwald 2; 5; 6; 11; 14; 15; 19, 20; 25; 26; 33; 36;44,19; 45; 47; 49; 52, 80).

Im Archiv der Gedenkstätte Buchenwald sind (autobiographische) Berichte über das Außenkommando Kassel von Hermann Fischer, Richard Krauthause (7 Seiten), Kurt Leonhardt, Josef Peschke (9 Seiten) , Richard Thiede und Josef Schuhbauer (5 Seiten) enthalten. Auch im Bundesarchiv Berlin liegen Akten (SS records 11678; BDC O-5254; SL !6-28; NSDAP-Akten).

Der ehemalige niederländische Häftling A.F. Groeneveld hat einen detaillierten autobiographischen Bericht über das Lager verfasst, der veröffentlicht wurde (s. Literatur, im Anhang finden sich Namen der Häftlinge und Haftdaten).