Magdeburg (Polte, Männer)
Das Polte-Männerlager wurde, ergänzend zum bereits existierenden Lager Magdeburg (Polte, Frauen), im November 1944 gegründet. Bis zu 585 Häftlinge, darunter viele lettische, ungarische und polnische Juden, mussten hier Zwangsarbeit leisten. Vor Ort starben mindestens zehn Häftlinge, viele weitere wurden in andere KZs deportiert. Nach der Auflösung des Lagers im April 1945 verübten Angehörige des Volkssturms und der Hitlerjugend ein Massaker an den Gefangenen, bei dem mindestens 42 Frauen und Männer erschossen wurden. Heute erinnern Mahnmale an das Geschehene.
Historische Situation
Bezeichnung
„Männeraußenlager Polte-Werke OHG Magdeburg“, „Arbeitskommando Polte-Magdeburg“
Standort
Das Lager befand sich direkt gegenüber dem Hauptwerk der Polte OHG in der Poltestraße 65-91 (heute Liebknechtstraße) im Magdeburger Ortsteil Wilhelmsstadt (heute Stadtfeld-Ost).
Unternehmen
Polte OHG
Zwangsarbeit
Die Häftlinge wurden in verschiedenen Abteilungen in der Munitionsproduktion der Polte OHG sowie zu Befestigungs- und Aufräumarbeiten nach Bombenangriffen in der Magdeburger Innenstadt eingesetzt.
Gegründet
3. November 1944
Aufgelöst
13. April 1945
Eine Akte zur „Errichtung eines Barackenlagers für Kriegsgefangene mit 3 Anbauten und Neubau eines Lagerschuppens“ belegt, dass der Bau von Baracken bereits im September 1941 beantragt und mit der geplanten Unterbringung von „fremden Arbeitskräften“ begründet wurde. Die Akte wurde vom Stadtarchiv Magdeburg 2010 aus privater Hand übernommen. Der Bau wurde mit einigen Auflagen zum Brandschutz genehmigt. Am 14. Juni 1944 wurde das Frauen-Außenlager der Polte OHG eingerichtet, am 3. November 1944 zusätzlich das Männerlager.
Häftlinge
Männerlager
Maximale Anzahl der Häftlinge
585
Das Männerlager wurde am 3. November 1944 mit 500 Häftlingen aus dem KZ Stutthof eingerichtet, überwiegend lettischen Juden sowie einigen Litauern, Polen und Deutschen. Die Männer sollten ein Kommando sowjetischer Kriegsgefangener ersetzen. Es folgten zwei Transporte mit ungarischen und polnischen jüdischen Häftlingen. Die Höchstbelegung wurde am 25. März 1945 mit 585 Häftlingen erreicht. Über die gesamte Zeit hinweg waren insgesamt mindestens 630 Männer inhaftiert, hinzu kam ein weiterer Häftlingstransport mit einer bisher unbekannten Zahl von Häftlingen. Mindestens 45 Todesopfer sind dokumentiert, darunter auch Deportationen in verschiedene Stammlager. Vor Ort starben mindestens zehn Häftlinge.
Das Männerlager wurde ab dem 11. April 1945 geräumt. Ein Teil der Häftlinge - Frauen und Männer - wurden zwei Tage später durch Angehörige des Volkssturms und der Hitlerjugend zum Stadion „Neue Welt“ an der Berliner Chaussee östlich der Elbe getrieben. Dort gerieten sie unter Artilleriebeschuss amerikanischer Truppen. Die Wacheinheiten des Volkssturms und der Hitlerjugend reagieren auf die Panik und die Fluchtversuche der Häftlinge mit Waffengewalt. Mindestens 42 Häftlinge wurden erschossen, Überlebende sprechen von deutlich mehr Todesopfern des Massakers. Die verbliebenen Häftlinge wurden von der SS auf einen tagelangen Gewaltmarsch in Richtung Sachsenhausen getrieben, nur wenige erlebten die Befreiung.
Unterbringung
Die Unterkunft befand sich gegenüber der Firma Polte in der Poltestraße (heute Liebknechtstraße). Die männlichen Häftlinge waren in drei Holzbaracken eines ehemaligen Lagers für sowjetische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene untergebracht. Im Vergleich zum Polte-Frauenlager waren die Bedingungen besser, wohl weil die SS die Männer als dringend benötigte Fachkräfte betrachtete. So waren die Männerbaracken im Winter beheizt und in den Waschräumen gab es zeitweise auch warmes Wasser. Dennoch litten auch die Männer unter permanentem Hunger und mangelnder Kleidung.
Dokumente
„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“
Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.
Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.
Heutige Situation
Das steinerne Eingangstor zum Werksgelände in der Liebknechtstraße 66-68 existiert noch. Seit Mitte der 1970er Jahre ist es als Mahnmal mit einer Gedenktafel für die Opfer eines KZ-Außenlagers gestaltet. Im örtlichen Denkmalverzeichnis ist es unter der Erfassungsnummer 094 06158 als Baudenkmal erfasst. Auf dem Gelände des ehemaligen Stadions „Neue Welt" erinnert ein Gedenkstein an das Massaker vom 13. April 1945.
Standort des Gedenkzeichens
Kontakt vor Ort
Stadtarchiv Magdeburg Mittagstraße 16 39124 Magdeburg
Kontakt zum Förderverein Buchenwald
Für Fragen, Hinweise oder Ergänzungen wenden Sie sich bitte an:
Förderverein Buchenwald
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Markt 10, 99423 Weimar
03643 747540
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Literatur
Begrich, Pascal: Das Frauen-KZ der Polte OHG in Magdeburg, in: Schmiechen-Ackermann, Detlef / Kaltenborn, Steffi (Hrsg.): Stadtgeschichte in der NS-Zeit, Münster 2005, S. 123-134.
Begrich, Pascal: Magdeburg (Polte-Werk OHG) (Männer), in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 518-520.
Begrich, Pascal: „Man passte auf, dass man uns leiden ließ.“ KZ-Häftlinge in Magdeburg, in: Puhle, Matthias (Hrsg.): Unerwünscht – Verfolgt – Ermordet. Ausgrenzung und Terror während der nationalsozialistischen Diktatur in Magdeburg 1933-1945, Magdeburg 2008, S. 317-328.
Andere Quellen
Von Pascal Begrich liegt zudem eine Magisterarbeit aus dem Jahr 2003 unter dem Titel „Die Polte OHG und das Außenlager des KZ Buchenwald Polte-Magdeburg“ vor.
Die Akte zur „Errichtung eines Barackenlagers für Kriegsgefangene mit 3 Anbauten und Neubau eines Lagerschuppens“ aus dem Jahr 1941 liegt im Stadtarchiv Magdeburg, BOA - Bauakten - Bauordnungsamt, Nr. 68444.