Ohrdruf/Jonastal
Das Außenlager Ohrdruf wurde im November 1944 errichtet. Auf Befehl Hitlers sollte im Jonastal ein neues „Führerhauptquartier“ entstehen. Hierfür mussten die Häftlinge in einem Nord- und einem Südlager sowie zwei Sublagern in Espenfeld und Crawinkel beim Ausbau von Stollen arbeiten. Bis Februar 1945 stieg die Belegung auf bis zu 12.459 Häftlinge, überwiegend Juden. Sie waren in Holzbaracken, Zelten, Munitionsbunkern und Stollen untergebracht. Mindestens 2.795 von ihnen kamen ums Leben. Anfang April 1945 trieb die SS die Häftlinge auf Todesmärsche. Teile der Stollenanlage und Fundamentreste sind noch vorhanden. Zudem gibt es vor Ort mehrere Denkmäler und ein Dokuzentrum.
Historische Situation
Bezeichnung
Männer-Außenlager „S III“ (SS-Sonderbauvorhaben III)
Standort
Das Außenlager Ohrdruf bestand zunächst aus dem Nord- und Südlager Ohrdruf, an der Jahreswende 1944/45 kamen Sublager in Espenfeld und Crawinkel hinzu. Zu ihren Arbeitsstätten mussten die Häftlinge teilweise kilometerweit laufen.
Unternehmen
Auf Befehl Hitlers begann der Reichsführer-SS Himmler mit dem Ausbau einer neuen Unterkunft zur gedeckten Führungsstelle der militärischen und politischen Führung des „Dritten Reiches“ („Führerhauptquartier“). Mit der Durchführung wurde SS-Gruppenführer Kammler beauftragt.
Zwangsarbeit
Die Häftlinge mussten beim Ausbau von Stollen arbeiten. Die Schichten dauerten zehn bis zwölf, in der Ziegelei bis zu 14 Stunden. Hinzu kamen tägliche, mehrstündige Zählappelle.
Gegründet
6. November 1944
Aufgelöst
5. April 1945
Das Außenlager Ohrdruf wurde am 6. November 1944 eingerichtet. Vom 14. November 1944 bis 15. Januar 1945 wurde es als eigenständiges Lager geführt und autark verwaltet, danach ging es wieder als Außenlager in die Administration des KZ Buchenwald über.
Häftlinge
Männerlager
Maximale Anzahl der Häftlinge
12.459
Das Außenlager Ohrdruf bestand zunächst aus dem Nord- und Südlager Ohrdruf, an der Jahreswende 1944/45 kamen Sublager in Espenfeld und Crawinkel hinzu. Die Lagerstärke wuchs von 2.500 Häftlingen im November 1944 auf 10.555 Häftlinge am 24. Dezember 1944 (Nordlager 4.837 und Südlager 5.718). Zu diesem Zeitpunkt war Ohrdruf ein eigenständiges Lager. Am 15. Januar 1945 wurde es mit 9.149 Häftlingen wieder in die Administration des KZ Buchenwald übernommen.
Mit 12.459 Häftlingen erreichte das Lager am 16. Februar 1945 seine höchste Belegung. Unter ihnen waren überwiegend jüdische Insassen, hinzu kamen unter anderem Kriegsgefangene aus Osteuropa, die gemeinsam mit den anderen Häftlingen untergebracht und auch in der Statistik nicht gesondert erfasst wurden. Die Häftlinge stammten unter anderem aus Ungarn, der Sowjetunion, Jugoslawien, Polen, Frankreich, Tschechien, Italien, Griechenland, Belgien und Deutschland. Im gesamten Zeitraum von November 1944 bis Anfang April 1945 durchliefen ca. 20.000 Häftlinge das Lager. Mindestens 2.795 Todesfälle sind dokumentiert, Schätzungen gehen jedoch von insgesamt etwa 7.000 Toten aus (die Opfer der Todesmärsche nicht eingerechnet).
Ab dem 3. April 1945 wurde das Lager geräumt und die Häftlinge auf Todesmärsche ins Stammlager Buchenwald, sowie in die Lager Theresienstadt, Dachau und Flossenbürg getrieben. Insbesondere im Nordlager wurden zahlreiche Menschen, die nicht mehr marschfähig waren, auf dem Appellplatz erschossen. Am 5. April 1945 nahm die US-Armee das Lager ein und befreite die verbliebenen Häftlinge.
Unterbringung
Die Häftlinge waren in Holzbaracken, Zelten, Munitionsbunkern und Stollen untergebracht. In Baracken, die für 120 Personen gebaut waren, pferchte die SS 300 bis 800 Männer zusammen. In den Bunkern mussten die Gefangenen teilweise auf dem Betonfußboden schlafen. Die hygienischen Bedingungen waren katastrophal, die Versorgung mit Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten stets unzureichend.
„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“
Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.
Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.
Heutige Situation
Im Jonastal sind noch Teile der Stollenanlage und Fundamentreste vorhanden. Der Jonastalverein e.V. GTGJ (Geschichts- und Technologiegesellschaft Großraum Jonastal) hat ein Dokumentationszentrum eingerichtet, mit einem Modell der Stollenanlage, Ausstellungsstücken und einem Geschichts- und Naturlehrpfad. Auch Führungen werden angeboten (siehe Kontakt). Es erinnern mehrere Denkmäler an das Geschehene: im Jonastal bei Espenfeld, auf den Truppenübungsplatz Ohrdruf sowie in der Ohrdrufer Innenstadt. Zudem gibt es in Crawinkel den Infopunkt „Waggon von Compiegne“.
Kontakt vor Ort
Geschichts- und Technologiegesellschaft Großraum Jonastal Rehestädter Weg 2c (Lokschuppen) 99310 Arnstadt
E-Mail: info@gtgj.de Internet: www.gtgj.de
Dokumente
Kontakt zum Förderverein Buchenwald
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Förderverein Buchenwald
c/o Tourist-Information
Markt 10, 99423 Weimar
03643 747540
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Literatur
Messing, Rudolph: Todesmarsch. Außenlager des KZ Buchenwald Sondervorhaben III (SIII) auf dem Ohrdrufer Truppenübungsplatz 1944-45, in: Jahrbuch des Vereins Ohrdrufer Kirchengeschichte, 2 (2005), S. 104-107.
Raschke, Helga: Das Aussenkommando S III und die Bauvorhaben im Jonastal. Hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2005.
Raschke, Helga: Ohrdruf („S III“), in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 539-544.
Remdt, Gerhard: Rätsel Jonastal. Die Geschichte des letzten Führerhauptquartiers, Berlin 1992.
Schambach, Klaus-Peter: Tatort Jonastal. Ermordet für das Führerhauptquartier in Thüringen im Außenkommando S III des KL Buchenwald, Zella-Mehlis/Meiningen 2010.
Zeigert, Dieter: Hitlers letztes Refugium? Das Projekt eines Führerhauptquartiers in Thüringen 1944/45, München 2003.