Raguhn
Im Außenlager „Heerbrandt-Werke“ in Raguhn wurden von Februar bis April 1945 Flugzeugteile in Zwangsarbeit produziert. Bei den Häftlingen handelte es sich um 500 jüdische Frauen und Mädchen unterschiedlicher Nationen. Vermutlich kamen 16 von ihnen ums Leben. Die Überlebenden wurden in Viehwaggons nach Theresienstadt deportiert. Einige Grabstätten befinden sich auf dem Friedhof von Raguhn, die Namen der Opfer sind auf einem Gedenkstein aufgeführt.
Historische Situation
Bezeichnung
„Frauenaußenlager Heerbrandt-Werke AG, Raguhn bei Dessau“
Standort
Das Lager befand sich am Westrand der Stadt Raguhn in der Bobbauer Straße.
Unternehmen
Auftraggeber waren die Heerbrandt-Werke Raguhn, ein Zulieferer für die Junkers Flugzeug- und Motorenwerke Dessau.
Zwangsarbeit
Die Häftlinge mussten Flugzeugteile für die Junkers-Werke herstellen.
Gegründet
7. Februar 1945
Aufgelöst
9. April 1945
Häftlinge
Frauenlager
Maximale Anzahl der Häftlinge
500
Bei den Häftlingen handelte es sich um 500 jüdische Frauen und Mädchen unterschiedlicher Nationen, unter anderem aus Frankreich, Tschechien („Böhmen“), Ungarn, Deutschland und den Niederlanden. Unter ihnen waren auch sogenannte „Jüdische Mischlinge 1. Grades“. Hinzu kamen eine italienische und eine ungarische „politische“ Gefangene sowie eine Türkin und eine US-Amerikanerin, die unter ungeklärten Umständen inhaftiert worden waren. Die Häftlinge wurden aus dem KZ Bergen-Belsen nach Raguhn gebracht, schon bei der Ankunft waren viele von ihnen krank und geschwächt. Dennoch wurden alle zur Zwangsarbeit herangezogen. Die ersten neun Todesopfer wurden noch standesamtlich registriert, insgesamt kamen im Lager vermutlich 16 Frauen ums Leben.
Am 9. April 1945 wurden die Frauen in Viehwaggons nach Theresienstadt „evakuiert“, wo elf Tage später noch 429 lebend ankamen. Mindestens 60 Frauen starben unterwegs, 15 weitere noch nach der Ankunft in Krankenhäusern.
Unterbringung
Die Unterkünfte befanden sich in Baracken, die vorher als Werkstätten oder Sanitärräume genutzt wurden.
„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“
Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.
Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.
Heutige Situation
Die Opfer wurden auf dem Friedhof von Raguhn beerdigt, einige wurden später in ihre Herkunftsländer überführt. Die Gräber wurden im September 1989 neu gestaltet. Die Namen der Verstorbenen sind auf Gedenksteinen aufgeführt.
Dokumente
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Literatur
Seidel, Irmgard: Raguhn, in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 551f.
Andere Quellen
Ein Briefwechsel mit einem der Häftlinge ist im Archiv der Gedenkstätte Buchenwald erhalten.