Sonneberg

Das Außenlager bei den Thüringer Zahnradwerken in Sonneberg wurde im September 1944 eingerichtet. Bei den bis zu 470 Häftlingen handelte es sich überwiegend um polnische und ungarische Juden. Mindestens zwei Häftlinge, möglicherweise auch deutlich mehr, kamen ums Leben. Im April 1945 trieb die SS die Häftlinge auf einen Todesmarsch fast bis nach Prag. Vor Ort existiert heute eine Gedenkstätte. Entlang der Marschroute des Todesmarsches stehen 13 Metalltafeln mit Informationen zum Thema.

Historische Situation

Bezeichnung

„Männeraußenlager Thüringer Zahnradwerke mbH, Sonneberg“

Standort

Das Lager befand sich in Sonneberg-West, am Weg Wildenheid-Bettelhecken, direkt an der Grenze nach Bayern. Die heutige Adresse lautet Hallstraße 39, 96515 Sonneberg.

Unternehmen

Zahnradwerk G.E. Reinhardt

Zwangsarbeit

Das Zahnradwerk produzierte unter anderem ab Kriegsbeginn für die Flugzeugwerke Junkers, später auch für die Panzerpruduktion und ab 1944 für die Herstellung von V-Waffen. Die Arbeitszeit der Häftlinge betrug täglich zwölf Stunden, auch an Sonn- und Feiertagen.

Gegründet

14. September 1944

Aufgelöst

4. April 1945

Häftlinge

Männerlager

Maximale Anzahl der Häftlinge

476

Das Lager wurde am 14. September 1944 mit 260 männlichen Häftlingen eingerichtet. Am 1. Januar 1945 war die Zahl auf 445 Häftlinge gestiegen, später lag sie zwischen 450 und 470 Männern. Es handelte sich überwiegend um polnische und ungarische Juden aus dem KZ Buchenwald, möglicherweise auch noch um andere Nationalitäten. Mindestens zwei Häftlinge kamen in Sonneberg ums Leben. Die tatsächliche Totenzahl könnte deutlich höher liegen: Ein SS-Wachmann sagte später aus, dass jeden Monat durchschnittlich 20 Häftlinge starben und durch neue Häftlinge aus dem KZ Buchenwald ersetzt wurden.
Am 4. April 1945 trieb die SS etwa 440 Häftlinge (nach anderen Quellen 476 Häftlinge) auf einen Todesmarsch. Diesem fielen schon nahe Sonneberg zehn Häftlinge zum Opfer. 1977 wurden am „Schustershieb“ bei Steinach die Leichen von sechs Häftlingen gefunden. Der weitere Marsch führte über Thüringen, Sachsen und das Vogtland und endete erst am 7. Mai 1945 in Praseles, etwa 50 Kilometer vor Prag. Mehr als die Hälfte der Häftlinge wurde unterwegs getötet.

Unterbringung

Die Häftlinge waren in Baracken auf dem Werksgelände untergebracht, in denen zuvor sowjetische Kriegsgefangene untergebracht waren.

„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“

50.3614567 11.14376575 NW Sonneberg 11/2012 © Herbert Naumann
50.3614567 11.14376575 NW
Sonneberg
11/2012 © Herbert Naumann

Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.

Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.

Heutige Situation

Vor Ort existiert seit 1977 ein Gedenkstein in der Hallstraße (ca. ein Kilometer nördlich des eigentlichen Geländes) sowie ein weiterer auf dem „Schustershieb“ für die Opfer des Todesmarsches. Entlang der Marschroute des Todesmarsches stehen 13 Metalltafeln mit Informationen zum Thema.

Kontakt zum Förderverein Buchenwald

Für Fragen, Hinweise oder Ergänzungen wenden Sie sich bitte an:

Förderverein Buchenwald
c/o Tourist-Information
Markt 10, 99423 Weimar

03643 747540

oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Bitte rechnen Sie 7 plus 8.

Literatur

Stier, Gerhard: Zwangsarbeit in Sonneberg - Das Beispiel Zahnradwerk (Vortragsreihe / Sonneberger Museums- und Geschichtsverein, Sonderheft 2), Sonneberg 2001.

Stier, Gerhard: Sonneberg-West, in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 577ff.

Krause-Schmitt, Ursula (Hrsg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1939-1945, Bd. 8: Thüringen, Frankfurt-Bockenheim 2003, S. 290f.

Andere Quellen

Ein Film zum Thema liegt unter dem Titel „Zahnradwerk Sonneberg - Das vergessene KZ“ vor (SON-Film, Sonneberg 2007).

Im Thüringischen Staatsarchiv Meiningen liegt eine ungedruckte Belegarbeit: Kühnler, Gabriele: Dokumentation zur Geschichte des Außenkommandos Sonneberg des KZ Buchenwald, Weimar 1984.

Im „United States Holocaust Memorial Museum, Holocaust Survivor and Victim Catalog“ findet sich eine Häftlingsliste vom Januar 1945.