Altenburg (Frauen)

Im August 1944 wurde in Altenburg ein Frauen-Außenlager des KZ Buchenwald eingerichtet. Mehr als 2.440 Frauen mussten dort für die Hugo-Schneider AG Zwangsarbeit leisten. Sie kamen aus ganz Europa, insbesondere aus Polen, Russland und Ungarn. Mindestens zehn Frauen kamen ums Leben, hunderte weitere wurden nach Ravensbrück, Buchenwald oder Auschwitz deportiert. Im April 1945 trieb die SS die verbleibenden Frauen auf einen Todesmarsch. Heute befindet sich vor Ort eine Gedenktafel und eine kleine Ausstellung.

Historische Situation

Bezeichnung

In den Quellen tauchen die Bezeichnungen „Buchenwalder Frauen-Außenlager Altenburg“ sowie „Frauenaußenlager Hugo-Schneider AG (Hasag)“ auf.

Standort

Das Lager befand sich innerhalb des Industriekomplexes der Hugo Schneider AG (Hasag) in der damaligen Hugo Schneider Straße (heute Poststraße).

Unternehmen

Munitionsfabrik Hugo Schneider AG (Hasag), Nähmaschinenwerke, Flugplatz Nobitz, Maschinenfabriken in und um Altenburg, Spielkartenfabrik, Reichsbahn, Mineralölwerke Rositz und Braunkohlenwerke.

Zwangsarbeit

Produktion von Panzerfäusten, Granaten und Patronenhülsen in 12-Stunden-Schichten

Gegründet

1. August 1944

Aufgelöst

12. April 1945

Häftlinge

Frauenlager

Maximale Anzahl der Häftlinge

2.440

Das Altenburger Lager wurde am 1. August 1944 zunächst mit 805 Frauen eingerichtet, die in Ravensbrück als politische Gefangene registriert worden waren. Es handelte sich überwiegend um Polinnen und Russinnen sowie einige Frauen aus Frankreich, Italien, Tschechien, Norwegen, Ungarn und Kroatien. Altenburg war auch ein Zwischen- bzw. Durchgangslager. Nach derzeitigem Stand kamen insgesamt 4.029 Häftlinge in Altenburg an. Zum Arbeiten verblieben etwa 2.440 Häftlinge (Stand 7. September 1944). Die in späteren Transporten hinzugekommenen Häftlinge waren zum Teil Sintezza und Romni aus ganz Mitteleuropa, außerdem Jüdinnen aus Polen und Ungarn. Mindestens zehn Frauen kamen in Altenburg ums Leben, die meisten davon Sintezza und Romni sowie Jüdinnen, da diese regelmäßig zu besonders schweren und gesundheitsschädlichen Arbeiten herangezogen wurden. Mindestens 400 weitere, nicht mehr „arbeitsfähige“ Frauen wurden aus Altenburg zurück in das Vernichtungslager Auschwitz oder nach Ravensbrück deportiert.
Der „Evakuierungsmarsch“ begann am 12. April 1945. Die SS trieb 2.443 Frauen ohne ausreichend Nahrung und Bekleidung, größtenteils mit Holzpantinen an den Füßen, aus dem Lager. Über Gößnitz und Meerane, Glauchau und Remse erreichte eine Gruppe von etwa 800 Frauen, wahrscheinlich getrennt von den anderen, am 14. April 1945 Waldenburg in Sachsen, wo sie von amerikanischen Truppen befreit wurden. Die anderen mehr als 1.500 Frauen wurden von der SS gezwungen, über das Erzgebirge Richtung Karlsbad zu marschieren. Über ihren Verbleib ist nichts bekannt.

Unterbringung

Das Häftlingslager befand sich befand sich 15 Gehminuten von der Arbeitsstelle entfernt. Es gehörte zum Fabrikgelände und war mit zwei Wachtürmen und Stacheldraht umgeben. Die Betten waren dreigeschossig. Oftmals schliefen die Häftlinge gleich in der Produktionshalle neben dem Arbeitsplatz. Im Untergeschoss der Baracken gab es Waschräume und Duschen, die nur selten benutzt werden durften.

„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“

51.00915101 12.43141651 NO Poststraße, Altenburg 11/2012 © Herbert Naumann
51.00915101 12.43141651 NO
Poststraße, Altenburg
11/2012 © Herbert Naumann

Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.

Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.

Heutige Situation

Die Werksanlagen wurden 1945 von amerikanischen Soldaten gesprengt, das Gelände während der DDR-Zeit neu bebaut. Am 8. Mai 2006 wurde mit einem öffentlichen Akt am ehemaligen Verwaltungsgebäude der Hasag in der Poststraße eine Gedenktafel an der Außenfassade angebracht und eingeweiht. Sie trägt folgenden Text: „Gelände des KZ Außenlagers Altenburg 1944/45. Während der Jahre des zweiten Weltkrieges mussten im Zweigwerk Altenburg der Hugo-Schneider AG (Hasag) Tausende Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge für die Rüstung arbeiten. Am 1. August 1944 eröffnete die SS hier ein KZ-Außenlager für Frauen, das ab 1944 von Buchenwald verwaltet wurde. Die mehr als 2.400 Frauen und Mädchen aus vielen europäischen Ländern, darunter Polinnen, ungarische Jüdinnen, Sinti und Roma, arbeiteten täglich zwölf Stunden. Später kam ein Außenlager für Männer hinzu. Mindestens zehn Frauen und zwei Männer kamen hier ums Leben. Hunderte Kranke und Schwache wurden nach Ravensbrück und Buchenwald zurückgeschickt oder in Auschwitz ermordet. Am 12. April 1945 räumte die SS das Lager. Seine Insassen gingen in den Todesmarsch. Unser Schicksal sei Euch Warnung und nicht Legende.“ Im Treppenhausbereich des ehemaligen Direktionsgebäudes befindet sich eine kleine Ausstellung, die Zeugnis sein soll. Geplant sind zwei weitere Räume zur Thematik. Einer davon ist als Ausstellungsraum gedacht und der zweite soll Schulklassen die Möglichkeit bieten, zu dieser Thematik zu arbeiten.

Kontakt vor Ort

Stadtverwaltung Altenburg Markt 1 04600 Altenburg

Kontakt zum Förderverein Buchenwald

Für Fragen, Hinweise oder Ergänzungen wenden Sie sich bitte an:

Förderverein Buchenwald
c/o Tourist-Information
Markt 10, 99423 Weimar

03643 747540

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Literatur

Blaas, Diana / Brumme, Christian / Otto, Felix: Die HASAG in Altenburg. Zwangsarbeit und KZ-Häftlinge des Außenlagers Buchenwald im Rüstungskonzern, Altenburg 2009.

Hauthal, Günter: Über das Zweigwerk des Rüstungskonzerns HASAG und das Außenlager des KZ Buchenwald in Altenburg-Nord, in: Altenburger Geschichts- und Hauskalender, Bd. 16 (2006/2007), S. 107-111.

Schreiber, Ursula: KZ Buchenwald - Außenlager Altenburg, in: Altenburger Geschichts- und Hauskalender, Bd. 17 (2007/2008), S. 80-81.

Seidel, Irmgard: Altenburg (Frauen), in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 363f.

Andere Quellen

Es liegt die Diplomarbeit eines Sozialstudenten zur Thematik vor, unter dem Titel „Oma was war die Hasag?“. Ein Belegexemplar befindet sich in der Stadtverwaltung Altenburg.
Zudem existiert eine weitere Diplomarbeit mit dem Titel „Die Hugo Schneider AG Hasag und deren Produktion in den Jahren 1933 bis 1945“.