Colditz

Das Außenlager wurde Ende November 1944 im Auftrag der Hugo-Schneider AG und der Steingutfabrik Colditz eingerichtet. Bei den bis zu 650 Häftlingen handelte sich fast ausschließlich um Juden aus Polen und Ungarn. Es gab mindestens 37 Todesopfer vor Ort. Mitte April 1945 wurden die Häftlinge auf einen Todesmarsch nach Theresienstadt getrieben, wo noch 377 Häftlinge ankamen. Das Schicksal der anderen ist ungeklärt.

Historische Situation

Bezeichnung

SS-Kommando Colditz

Standort

Das Außenlager befand sich im Südwerk der Steingutfabrik Colditz AG. Das Werk wurde ab Herbst 1944 von der HASAG gepachtet und für die Rüstungsproduktion umgerüstet.

Unternehmen

Hugo-Schneider AG (HASAG), Steingutfabrik Colditz AG

Zwangsarbeit

Einfriedung des Werksgeländes mit einem elektrischen Stacheldrahtzaun, Umbauarbeiten, Einbau und Inbetriebnahme von Maschinen aus bereits geräumten Werken der HASAG, Produktion von Munition und Panzerfäusten

Gegründet

29. November 1944

Aufgelöst

14. April 1945

Häftlinge

Männerlager

Maximale Anzahl der Häftlinge

650

In Colditz waren anfangs 100, ab Februar 1945 bis zu 650 Häftlinge zeitgleich untergebracht. Insgesamt durchliefen das Lager etwa 720 Häftlinge. Es handelte sich fast ausschließlich um Juden, jeweils etwa zur Hälfte aus Polen und Ungarn. Auch der als „Homosexueller“ eingestufte Häftling Emil Janowski (Buchenwald-Nr. 17737) war ab dem 14. Dezember 1944 bei der HASAG in Colditz eingesetzt. Am 20. Januar 1945 wurde er ins Stammlager Buchenwald rücküberstellt. Seitdem wird er vermisst. Durch Unfälle, schlechte Ernährung, Krankheiten und Misshandlungen gab es mindestens 37 Todesopfer vor Ort, darunter ein 17-jähriger ungarischer Häftling, der von der SS zur Abschreckung hingerichtet wurde. Zudem wurden 63 Häftlinge nach Buchenwald zurückdeportiert, von denen mindestens sechs im Stammlager starben.
Um den 5. April 1945 traf ein Evakuierungstransport mit etwa 900 Häftlingen aus dem Außenlager Reichsbahnausbesserungswerk Jena in Colditz ein. 36 Häftlinge, die während des Transports verstorben waren, wurden - wie der größte Teil der Colditzer Todesopfer - an der Außenseite der damaligen Friedhofsmauer in Colditz begraben.
Bei Auflösung des Außenlagers am 14. April 1945, drei Tage nach der Befreiung des Stammlagers Buchenwald, versuchten Häftlinge sich im Gelände zu verstecken. Sie wurden jedoch entdeckt und mindestens zwei erschossen. Zehn Häftlinge wurden vor Ort zurückgelassen und später von amerikanischen Truppen befreit. Die übrigen etwa 1.500 Häftlinge trieb die SS auf einen Todesmarsch nach Leitmeritz und Theresienstadt, wo noch 377 Häftlinge aus Colditz ankamen, von denen weitere zwölf vor der Befreiung verstarben. Das Schicksal der anderen Häftlinge ist ungeklärt.

„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“

51.12338113 12.80023634 SO Rochlitzer Straße, Colditz 11/2012 © Herbert Naumann
51.12338113 12.80023634 SO
Rochlitzer Straße, Colditz
11/2012 © Herbert Naumann

Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.

Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.

Heutige Situation

Das Fabrikgelände wurde nach 1945 durch verschiedene Betriebe genutzt. Es ist heute Teil eines in Colditz ansässigen Unternehmens und nicht öffentlich zugänglich. Auf dem ehemaligen Lagergelände gibt es keine Gedenkzeichen. Der Begräbnisplatz an der Außenmauer des Friedhofs wurde 1945 in den Friedhof Colditz einbezogen. 1952 wurde ein Mahnmal für die „Opfer des Faschismus“, gekennzeichnet durch zwei rote Winkel, eingerichtet. Eine explizite Nennung der jüdischen Opfer fand nicht statt. In den 1990er Jahren begann auf Betreiben einiger Colditzer Bürger:innen, unter anderem der Initiative „Club Courage“, eine intensivere Aufarbeitung. Am Friedhof wurden Schilder mit den Namen der Opfer angebracht. 2007 wurde das Mahnmal nach einer Neugestaltung mit einem jüdischem Ritual geweiht..

Kontakt vor Ort

Herr Wolfgang Heidrich

E-Mail: ww-heidrich@t-online.de

Kontakt zum Förderverein Buchenwald

Für Fragen, Hinweise oder Ergänzungen wenden Sie sich bitte an:

Förderverein Buchenwald
c/o Tourist-Information
Markt 10, 99423 Weimar

03643 747540

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Bitte addieren Sie 4 und 6.

Literatur

Heidrich, Wolfgang: KZ-Außenlager Colditz, in: Kulturbahnhof e.V. (Hrsg.): Die Zukunft des Vergangenen. Künstlerische Positionen zur Erinnerung an die KZ-Außenlager im Landkreis Leipzig, Markkleeberg 2013, S. 44f.

Schellenberg, Martin: Die „Schnellaktion Panzerfaust“. Häftlinge in den Außenlagern des KZ Buchenwald bei der Leipziger Rüstungsfirma HASAG, in: Dachauer Hefte, 21 (2005), S. 237-271.

Schellenberg, Martin: Colditz, in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 406ff.