Essen (Humboldtstraße)

Ende August 1944 suchte eine Delegation der Friedrich Krupp AG über 500 weibliche KZ-Häftlinge für die Zwangsarbeit in der Essener Gussstahlfabrik aus. Die meisten von ihnen waren ungarische Jüdinnen. Während des Winters mussten sie jeden Tag sieben Kilometer von der Humboldtstraße durch Essen zum Werk marschieren. Vor Ort starben vermutlich mindestens acht Frauen, eine Schwangere wurde nach Auschwitz deportiert. Mitte März 1945 wurden die verbliebenen Frauen nach Bergen-Belsen deportiert. 1989 brachte die Stadt Essen vor Ort eine Hinweistafel an.

Historische Situation

Bezeichnung

keine Informationen

Standort

Das Außenlager lag in der Essener Humboldtstraße. Von dort aus wurden die Frauen jeden Morgen per Straßenbahn zur Gussstahlfabrik der Krupp AG gebracht. Nachdem die Schienen bei Luftangriffen beschädigt wurden, mussten sie im Winter jeden Tag sieben Kilometer durch Essen zum Werk marschieren.

Unternehmen

Friedrich Krupp AG

Zwangsarbeit

Die Frauen arbeiteten überwiegend im Walzwerk II der Kruppschen Gussstahlfabrik. Sie wurden zur Arbeit an den Öfen, für Schweiß- und Hilfsarbeiten herangezogen.

Gegründet

August 1944

Aufgelöst

17. März 1945

Das Lager wurde bereits 1943 als Unterkunft für französische Zivilarbeiter, Zwangsarbeiterinnen aus der Sowjetunion und italienische Militärinternierte genutzt. Ende August 1944 trafen die ersten KZ-Häftlinge ein.

Häftlinge

Frauenlager

Maximale Anzahl der Häftlinge

520

Das Unternehmen hatte 2.000 männliche Facharbeiter angefordert, das SS-WVHA teilte jedoch ungarische Jüdinnen aus Auschwitz zu. Die 500 Frauen sowie 20 weibliche „Funktionshäftlinge“ wurden von einer Krupp-Delegation im Außenlager Gelsenkirchen-Horst ausgesucht und Ende August 1944 in die Essener Humboldtstraße gebracht. Vor Ort kamen vermutlich mindestens acht Frauen ums Leben, sie starben unter anderem an Tuberkulose und Erfrierungen, aber auch an Misshandlungen. Eine schwangere Frau wurde nach Auschwitz deportiert.
Im März 1945 gelang sechs Jüdinnen die Flucht aus dem Lager. Durch die Unterstützung mehrerer Zivilpersonen konnten sie sich verstecken und überlebten. Am 17. März 1945 wurden die verbliebenen Frauen per Zug zunächst nach Buchenwald, dann weiter nach Bergen-Belsen gebracht. Wie viele die Befreiung am 15. April 1945 erlebten, ist unklar.

Unterbringung

Die Frauen waren in vier Schlafbaracken untergebracht. Sie schliefen in zweistöckigen Bettgestellen mit Strohsäcken. Bewacht wurden sie neben einem SS-Kommando auch von Mitarbeiterinnen der Firma Krupp, die zuvor einen Schnellkurs in Ravensbrück durchlaufen hatten. Nachdem die Unterkünfte im Oktober 1944 bei einem Luftangriff zerstört wurden, mussten die Frauen zeitweise in die Küchenbaracke umziehen, dann in den Keller einer abgebrannten Baracke.

„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“

51.43422663 6.95806861 O Humboldtstraße, Essen 09/2012 © Herbert Naumann
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Humboldtstraße, Essen
09/2012 © Herbert Naumann

Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.

Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.

Heutige Situation

Auf dem ehemaligen Lagergelände wurde nach 1945 eine Siedlung für Angestellte des Krupp-Konzerns errichtet. 1989 brachte die Stadt Essen eine Hinweistafel an.

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Literatur

Herbert, Ulrich: Von Auschwitz nach Essen. Die Geschichte des KZ-Außenlagers Humboldtstraße, in: Dachauer Hefte, 2 (1986), S. 13-34.

Schmidt, Ernst: Essener Außenlager des KZ Buchenwald, in: Ders.: Lichter in der Finsternis. Gegner und Verfolgte des Nationalsozialismus in Essen, Essen 2003, S. 328-360.

Zimmermann, Michael: Essen (Humboldtstraße), in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 436-439.