Neustadt bei Coburg
Das Frauen-Außenlager Neustadt bei Coburg wurde am 9. September 1944 gegründet. Auftraggeber waren die Kabel- und Leitungswerke Neustadt-Coburg AG. Bei den etwa 403 Häftlingen handelte es sich überwiegend um ungarische Jüdinnen. Anfang April 1945 räumte die SS das Lager und trieb die Häftlinge auf einen Todesmarsch, bis sie bei Domažlice in Tschechien befreit wurden.
Historische Situation
Bezeichnung
Außenlager Neustadt bei Coburg
Standort
Das Lager befand sich in der Austraße 99, 96465 Neustadt bei Coburg, dem damaligen „Siemensgelände“.
Unternehmen
Auftraggeber waren die Kabel- und Leitungswerke Neustadt-Coburg AG. Diese wurden 1936 als eigenständige AG gegründet, die Aktien befanden sich zu 100 Prozent in Händen der Fa. Siemens-Schuckert AG. 1950 wurden die Kabel- und Leitungswerke Neustadt-Coburg in Mutterkonzern eingegliedert.
Zwangsarbeit
Die Häftlinge mussten in 12-Stunden-Schichten an schweren Trommel- und Verseilmaschinen arbeiten, u.a. Kabel auf ihre Isolierung prüfen und gegebenenfalls reparieren.
Gegründet
9. September 1944
Aufgelöst
6. April 1945
Häftlinge
Frauenlager
Maximale Anzahl der Häftlinge
403
Bei den Häftlingen handelte es sich um Frauen, überwiegend ungarische Jüdinnen aus dem KZ Ravensbrück. Die Belegung lag ständig bei 403 Häftlingen. Hiervon wurden mit der Zeit acht Frauen in verschiedene Stammlager zurückgeschickt und durch neue ersetzt, insgesamt waren somit 411 Frauen in Neustadt inhaftiert. Todesfälle vor Ort sind nicht bekannt.
Am 6. April 1945 wurde das Lager geräumt und die Häftlinge von der SS auf einen Todesmarsch getrieben, der durch Oberfranken und die Oberpfalz bis nach Domažlice (Taus) im heutigen Tschechien führte. Dort wurde der Marsch aufgelöst und die überlebenden Frauen befreit.
Unterbringung
Die Häftlinge waren in Baracken auf dem Werksgelände der Kabel- und Leitungswerke Neustadt-Coburg untergebracht. Bewacht wurden sie von 11, später 12 SS-Männern sowie etwa zwei Dutzend Frauen aus Neustadt und Umgebung, die sich freiwillig gemeldet hatten und in einem mehrwöchigen Kurs im KZ Ravensbrück ausgebildet worden waren. Medizinisch betreut wurden die Häftlinge notdürftig von drei Mitgefangenen, einer Polin, einer Deutschen und einer Französin, sowie von einem Arzt aus Neustadt.
„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“
Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.
Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.
Heutige Situation
Dem ehemaligen Lager gegenüber, auf der anderen Seite der Austraße, befindet sich ein Mahnmal zur Erinnerung an die Häftlinge des Außenlagers.
Standort des Gedenkzeichens
Kontakt vor Ort
Stadtarchiv Neustadt bei Coburg Georg-Langbein-Straße 1 96465 Neustadt bei Coburg
Telefon: 09568 810 E-Mail: rathaus@neustadt-bei-coburg.de
Dokumente
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Literatur
Axmann, Rainer: Neustadt bei Coburg, in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 533f.
Kalter, Isolde: Éva Jenöné Kovács und Györgyné Barnai, zwei Ungarinnen im Neustadter Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald, in: Franger, Gaby (Hrsg.): „Seien Sie doch vernünftig!“ Frauen der Coburger Geschichte, Coburg 2008, S. 238-247.
Scheuerich, Helmut: Geschichte der Stadt Neustadt bei Coburg im 20. Jahrhundert. Bd. 1, Neustadt bei Coburg 1989, S. 138f.
Scheuerich, Helmut: Geschichte der Stadt Neustadt bei Coburg im 20. Jahrhundert. Bd. 2, Neustadt bei Coburg 1993, S. 305.
Andere Quellen
Im Stadtarchiv Neustadt bei Coburg liegt eine Transportliste (aus dem Buchenwald-Archiv) vor. Es existiert eine Sammlung von 26 Videos des Shoah Foundation Institutes der University of Southern California mit Bezug zum Neustädter Lager.
Ein Video auf YouTube informiert ebenfalls über das Außenlager: https://www.youtube.com/watch?v=J43o-Qo0Pmc