Wernigerode

Bereits 1941 wurde in Wernigerode ein Zwangsarbeitslager eingerichtet, das im März 1943 in ein Außenlager des KZ Buchenwald umfunktioniert wurde. Hauptauftraggeber war das Rautalwerk Wernigerode. Von den etwa 800 Häftlingen, überwiegend Polen, Russen, Tschechen und Südslawen, kamen mindestens acht ums Leben. Im Dezember 1944 wurde der größte Teil der Häftlinge in das Außenlager Hasserode verlegt. Vor Ort besteht heute die Mahn- und Gedenkstätte Veckenstedter Weg.

Historische Situation

Bezeichnung

„Männeraußenlager Rautal-Werke GmbH, Wernigerode“, Tarnname „Richard“

Standort

Das Lager befand sich im Stadtgebiet von Wernigerode, am Veckenstedter Weg 43 (siehe Karte). Bei der Auswahl des Standortes spielte die günstige Lage eine große Rolle (Sicherheit, Abgeschiedenheit, Nähe der Produktionsstätte).

Unternehmen

Der Hauptauftraggeber war das Rautalwerk Wernigerode.

Zwangsarbeit

Der Arbeitstag der Häftlinge reichte vom frühen Morgen bis in die Nacht. Einsatzgebiete waren das Rautalwerk, bergmännische Arbeiten im Galgenberg, Gleisbauarbeiten und nicht zuletzt der Ausbau des Lagers. Innerhalb des Rautalwerkes, das vor allem Zylinder- und Motorengehäuse für Flugzeug-, Fahrzeug-, Schnell- und Sturmbootmotoren herstellte, arbeiteten die Häftlinge in der Gießerei, Entkernerei und Putzerei, der Kontroll- und Versandhalle sowie Leichtmetallwerk. Die Arbeit war schwer und gesundheitsgefährdend. Angesichts dieser Zustände waren viele Häftlinge innerhalb von drei Monaten so erschöpft, dass sie zurück in das Stammlager Buchenwald deportiert und durch gesunde Häftlinge ersetzt wurden.

Gegründet

23. März 1943

Aufgelöst

25. Dezember 1944

Bereits 1941 wurde am Veckenstedter Weg in Wernigerode ein Arbeitslager für ca. 300 „zivile“ Zwangsarbeiter errichtet. Im März 1943 wurde dieses Zwangsarbeiterlager aufgelöst, in ein Außenlager des KZ Buchenwald umfunktioniert und fortan unter der Tarnbezeichnung „Richard“ geführt. Im November 1944 mussten die Häftlinge in Hasserode („Steinerne Renne“) ein Außenkommando errichten, da auch dort Fabriken für die Rüstungsproduktion ausgebaut worden waren. Bis zum Dezember 1944 wurde der größte Teil der Häftlinge vom Veckenstedter Weg dorthin überstellt und das frühere Lager Ende des Jahres 1944 offiziell aufgelöst.

Häftlinge

Männerlager

Maximale Anzahl der Häftlinge

800

Das Außenlager wurde ab 25. März 1943 mit 70 männlichen Häftlingen aus dem KZ Buchenwald eingerichtet. Die Belegung erhöhte sich im September 1943 auf 639 und erreichte ihren Höchststand 1944 mit etwa 800 Häftlingen. Immer wieder wurden kranke und erschöpfte Häftlinge durch neue ersetzt, sodass insgesamt 1.144 Häftlinge in Werningerode waren. Sie stammten überwiegend aus Polen, der Sowjetunion, Tschechien und Jugoslawien, einige auch aus Deutschland und anderen Nationen. Unter ihnen waren viele politische Häftlinge. Zur Bewachung des Lagers waren 65 SS-Leute eingesetzt. Der Arbeitstag der Häftlinge reichte vom frühen Morgen bis in die Nacht. Ständig erfolgte ein Austausch mit dem Stammlager Buchenwald, um immer arbeitsfähige Kräfte zur Verfügung zu haben. Mindestens acht Häftlinge kamen in Wernigerode ums Leben. Andere Quellen sprechen von bis zu 18 Todesopfern, darunter sieben Personen, die wegen eines angeblichen Fluchtversuchs gehängt wurden.
Im November 1944 mussten die Häftlinge das neue Außenlager in Hasserode errichten, in das sie in der Folge zum größten Teil verlegt wurden (siehe den Eintrag „Hasserode“ auf dieser Webseite). Das Lager Hasserode wurde 10. April 1945 auf Befehl der SS „evakuiert“ und die Häftlinge zu Fuß Richtung Osten getrieben. Nach drei Tagen erreichten sie Calbe, wo 300 Häftlinge zurückgelassen und später befreit wurden. Insgesamt 57 Häftlinge kamen nach 16 Tagen Todesmarsch in Leitmeritz (heute Litomerice in Tschechien) an. Zahlreiche Menschen starben unterwegs, darunter vermutlich 80 bis 90 ehemalige Häftlinge aus Wernigerode.

Unterbringung

Das Lager bestand aus sieben Baracken im eigentlichen Lagerbereich und einer achten Baracke für die SS-Wachmannschaften außerhalb des Lagers. Das Lager wurde umgeben von einem doppelten Stacheldrahtzaun, dessen innerer Zaun elektrisch geladen war und eine Höhe von ca. 3,50 m hatte.

„Orte und Räume Deutscher Verbrechen gegen die Menschheit“

51.84238668 10.7703352 SO Veckenstedter Weg, Wernigerode 11/2012 © Herbert Naumann
51.84238668 10.7703352 SO
Veckenstedter Weg, Wernigerode
11/2012 © Herbert Naumann

Der Fotograf Herbert Naumann hat in den Jahren 2012 und 2013 die ehemaligen Standorte der Außenlager des KZ Buchenwald fotografiert. Die vordergründig dokumentarisch wirkende Fotografie zeigt Orte, die Schauplätze deutscher Verbrechen waren. Die fotografischen Ansichten von Landschaften, Brachen, Grünanlagen, öffentlichen Plätzen, Wohnsiedlungen, Kleingärten etc. liefern zunächst keine oder kaum noch Indizien für das, was hier geschehen ist. Es sind stille und unspektakuläre Bilder mit häufig nur indirekten Hinweisen. Erst der sie begleitende Text stellt den Zusammenhang zwischen den dort begangenen Verbrechen und dem Ort her, lässt in den Bildern die Spuren erkennen, gibt dem Ort seine Identität und nimmt ihm seine Harmlosigkeit. Mit den Fotografien erhalten die Geschehnisse eine neue Aktualität; sie bleiben nicht mehr nur als erzählte Geschichte(n) theoretisch, sondern werden wieder mit dem konkreten, dem erkennbaren, dem realen Ort verbunden.

Die weiteren Bilder von Herbert Naumann finden Sie unter www.herbert-naumann.de.

Heutige Situation

Im ehemaligen Lagerbereich entstand 1974/75 unter der Federführung des Landkreises die Mahn- und Gedenkstätte Veckenstedter Weg. Auf dem Gelände sind heute noch drei Holz- und zwei Steinbaracken vorhanden. Die Bauhüllen sind original erhalten. Eine der drei Holzbaracken weist auf einer Hälfte noch die Originalstruktur auf. Drei Räume (das Untersuchungszimmer, der Krankenbau und die Unterkunft der sowjetischen Häftlinge) wurden nach alten Plänen und Beschreibungen ehemaliger Häftlinge wieder hergestellt. Seit 2018 ist im hinteren Bereich ein Sonderausstellung zu sehen, die den Aufbau der Baracken und deren Veränderungen unter der Berücksichtigung der unterschiedlichen Verwendungen bis heute dokumentiert. In einer zweiten Baracke befindet sich eine Dauerausstellung zur Geschichte des KZ-Außenlagers am Veckenstedter Weg, des KZ-Außenkommandos Steinerne Renne und der Todesmärsche mit Dokumenten und Exponaten aus dem Lager. In den beiden anderen Gebäuden sind die Verwaltung, Archive, Bibliotheken und Schulungsräume untergebracht. Außerdem befindet sich auf dem Gelände der Gedenkstätte ein Mahnmal, welche an die Opfer des Nazi-Terrors erinnert. Regelmäßig finden hier Gedenkfeiern und Kranzniederlegungen statt. Für die Gedenkstätte hat sich ein Förderkreis gebildet. Basierend auf einer Namensliste mit mehr als 1.200 Schicksalen aus mehreren europäischen Ländern aus dem ITS Bad Arolsen hat der Förderkreis für die Dauerausstellung ein Gedenkbuch mit der Auflistung der ehemaligen Häftlinge erstellt. Das Buch wurde im September 2019 übergeben. Führungen finden nach vorheriger Anmeldung statt (siehe Kontakt). Des Weiteren sind Einblicke in das Archiv- und in das Dokumentationszentrum (Bibliothek, Zeitungsarchiv sowie Dokumenten- und Sachzeugenarchiv) möglich. Am ehemaligen Außenkommando Hasserode steht ein Gedenkstein.

Kontakt vor Ort

Mahn- und Gedenkstätte Wernigerode Veckenstedter Weg 43 38855 Wernigerode

Telefon: 03943 632109 Internet: www.kreis-hz.de

Dokumente

Standort des Außenlagers in Wernigerode.
Standort des Außenlagers in Wernigerode.

Kontakt zum Förderverein Buchenwald

Für Fragen, Hinweise oder Ergänzungen wenden Sie sich bitte an:

Förderverein Buchenwald
c/o Tourist-Information
Markt 10, 99423 Weimar

03643 747540

oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Bitte addieren Sie 9 und 8.

Literatur

Jacobs, Reinhard: Terror unterm Hakenkreuz. Orte des Erinnerns in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Studie im Auftrag der Otto Brenner-Stiftung, Berlin 2001.

Jahn, Franziska: Wernigerode („Richard“), in: Benz, Wolfgang / Distel, Barbara: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 3: Sachsenhausen, Buchenwald, München 2006, S. 606-609.